Museum Kurhaus / Kleve
Ewald Mataré Sammlung
Joseph Beuys
Graphik als Prozess. Die späte Druckgraphik 12.05.200504.09.2005
Für Joseph Beuys war die
Zeichnung die eigentliche Basis seiner Kunst – bis in die späten Jahre, als
sein Schaffen sich zunehmend auf raumgreifende Environments oder Aktionen konzentrierte.
Er sprach denn auch selbst von seinen Zeichnungen und Aquarellen als „Denkformen“,
nannte sie ein „Reservoir“, aus dem er schöpfen, oder eine „Batterie“, von der
er geistige Energie beziehen könne. Der Strich seiner Blätter ist zart
andeutend, porös und offen, sensibel bis zur Zerbrechlichkeit. Alles scheint
Übergang und Bewegung zu sein, etwas Festes, Verhärtetes gibt es nicht.
Zeichnung und Aquarell sind somit Indikatoren des Schöpferisch-Organischen, das
im Denken und im Werk von Joseph Beuys die Antithese zum Kristallinen, mithin
zur Erstarrung im Tode bildet.
Seit den 1970er Jahren hat
Joseph Beuys sein zeichnerisches Werk in mehreren bedeutenden druckgraphischen
Folgen aufgearbeitet und zusammengefasst. Als Multiples im weitesten Sinne
besitzen diese Radierungen und Lithographien „Vehikelcharakter“ und sollten die
Verbreitung seiner wichtigsten künstlerischen Themen und weltanschaulichen
Vorstellungen unterstützen. Auch wenn die Druckgraphiken auf phototechnischem
Weg produziert wurden, sind sie doch nichts weniger als Reproduktionen oder
einfache Wiederholungen. Vielmehr handelt es sich um autonome Werke mit einer ganz
eigenen Ästhetik. Vielfach nämlich griff Beuys in die Vorlagen ein, ließ sie
bei der druckgraphischen Wiedergabe drehen oder strecken, veranlasste die Reduktion
oder die Verschiebung einzelner Motive.
Die Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve bietet erstmals die Möglichkeit,
Einblick in die Entstehung dreier großer druckgraphischer Suiten der 1980er
Jahre zu nehmen: „Schwurhand“ (1980), „Zirkulationszeit“ (1982) und „Tränen“
(1985). Zu ihnen fanden sich im Nachlass des spanischen Meisterdruckers Juan
Barbará, Barcelona, zahlreiche Druckproben und Arbeitsmaterialien. Mit ihrer
Vielfalt an Variationen und Zuständen zeigen diese Blätter die Intensität von
Beuys’ Beschäftigung mit der Druckgraphik. Die teils sehr detaillierten handschriftlichen
Notizen auf den Probedrucken machen deutlich, wie eingehend der Künstler sich
mit allen Aspekten der Neuschöpfung seiner frühen Aquarelle und Zeichnungen in
einem anderen Medium auseinander gesetzt hat.
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