Astrid Nippoldt (geb. 1973 in Gießen) zählt zu den bemerkenswertesten Video-Künstlerinnen ihrer Generation. Im Museum Kurhaus Kleve wird ihre neue mehrteilige Arbeit „Oakwood“ gezeigt, mit der sie ihre Werkreihe zu verwunschenen Orten und projizierten Träumen fortsetzt. Die Ausstellung umfasst die beiden Videos „Oakwood“ und „My Day“ sowie verschiedene Photoarbeiten.
„Oakwood“ handelt von der gleichnamigen Wohnanlage für Expatriates und ihre Familien in Peking: eine künstliche Welt, die ihre Bewohner so gut wie nie verlassen, weil sie in ihr alles finden, was sie brauchen, von Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu Freizeiteinrichtungen und Sportanlagen. Die urbane und soziale Realität, in die die Wohnanlage eingebettet ist – die Realität der pulsierenden und von inneren Spannungen erfüllten Hauptstadt Chinas – wird fast komplett ausgeblendet.
Das Video „Oakwood“ erkundet aus der Perspektive eines ziellos herumstreunenden Menschen oder eines Insekts den zum Gebäude gehörenden Garten bei Nacht. „My Day“ indes zeigt den Blick aus einer der Wohnungen auf ein tristes Panorama von Hochhäusern, über dem Zeile für Zeile die Beschreibung des Tagesablaufs eines Angehörigen einer Expatriate erscheint – eine Beschreibung, die von Routine und Langeweile bestimmt wird.
In ihren Videoarbeiten spürt Astrid Nippoldt immer wieder seltsame Orte
auf, schafft absurde Szenen oder atmosphärisch aufgeladene
Zwischenmomente. Wenn ihre Bilder im einen Moment eine fast magische
Kraft und Verführungsmacht ausstrahlen, so scheinen sie sich im nächsten
zurückzuziehen, drohen sich aufzulösen und zu verschwinden. Traum und
Alptraum liegen dicht beieinander, sichere Urteile geraten ins
Schwimmen, und es scheint unmöglich zu sein, bindende Aussagen zu
treffen – eine Erfahrung, die für Nippoldts Schaffen konstitutiv ist: „Dürrenmatt
hat mich beeindruckt mit dem Satz, dass – sinngemäß – wirklich ist, was
du denken kannst. Dazu kommt meine Erfahrung, keine eindeutigen
Aussagen treffen zu können. Denn meist ist auch das Gegenteil als
Wahrheit tauglich. Das hat mich eine Zeit lang rasend gemacht. Ich bin
dem Absehbaren, Systematischen, Eindeutigen nie auf die Spur gekommen,
sondern stets am Widerspruch gescheitert, am Haken an der Sache, am
Dilemma.“
(Astrid Nippoldt im Gespräch mit Susanne Pfeffer, 2006)
In der Kopplung von Seh(n)sucht und Gefährdung erweist sich Astrid Nippoldt als Bildromantikerin, die gleichermaßen perfektionistisch wie emotional fasziniert nach den Momenten sucht, an denen die rationale Verfügbarkeit über das Bild erlischt. Gerade weil sich Nippoldts Werke durch eine hohe handwerkliche wie inhaltliche Genauigkeit auszeichnen, wirkt der Sprung der Bilder ins Offene und Ungesicherte niemals kitschig oder sentimental.
Zur Ausstellung erscheinen ein Katalog (-> hier online erwerben) und eine Edition (-> hier).
Kunststiftung NRW
www.kunststiftungnrw.de
Freundeskreis Museum Kurhaus
und Koekkoek-Haus Kleve e.V.
www.freunde-klever-museen.de